
Der Roboter-Ziegelstein
Bei uns im Keller steht ein alter Staubsauger. So ein Ungetüm mit langem Rohr, einem widerspenstigen Schlauch und einem riesenhaften Hauptteil, das man beim Saugen immer hinter sich herziehen musste. Dabei blieb das Schwergewicht immer überall hängen, passte nirgendwo durch und mensch fiel auch dauernd über das Kabel. Das gute Stück von der Firma „Vorwerk“ hat schon bei den Eltern meiner Partnerin Dienst getan und ist bestimmt schon so alt wie ich. Aber es funktioniert noch, und saugen tut er, trotz der eingangs genannten Nachteile, noch ganz gut.
Funktion bedeutet am Ende jedoch nur geht so — und was könnte langweiliger sein. Musste also weiland etwas Spannenderes her. Aus keinem anderen Grund als purem Technikglauben haben wir also vor einiger Zeit einen Staubsaugerroboter angeschafft. Dieser ist von der Firma „Neato“, glänzte seinerzeit durch tolle Funktionen und sollte quasi im Alleingang das nervige Staubsaugen übernehmen. Um ehrlich zu sein: mit dem Alleingang war es nie weit her; sowas mag im Tönsingschen Minimalismus-Haushalt funktionieren, nicht aber in unserer Villa Kunterbunt. Zusätzlich hatte „Robbie“, wie wir ihn liebevoll nannten, eine Schwäche an Ecken und Zimmerkanten, ehrlicherweise mussten wir immer noch einmal selbst saugen um die Stellen zu bearbeiten, die Robbie ausließ. Dazu schafften wir uns einen Akkustaubsauger an, so ein handliches Ding, das aussieht, als könne es den Tribbles auf der Enterprise Herr werden und auch von dort stammen. Lustigerweise entschieden wir uns wegen der guten Erfahrungen mit dem Ungetüm aus dem ersten Absatz für ein Gerät der Firma Vorwerk.
Und diese Firma, die in meiner Vorstellung noch Staubsaugervertreter des alten Schlages beschäftigt, schreibt mir gestern eine E-Mail:
Your robot was blocked
Hello, We want to inform you that Neato cloud services are being phased out during Q4 2025.
Since Neato ceased operations in 2023, Vorwerk has continued maintaining the Neato cloud platform to honour the original five-year service promise.
Und so weiter. „Your robot was bricked“ wäre wahrscheinlich die bessere Überschrift gewesen. Cybersicherheitstandards und Complianceanforderungen, schreibt Vorwerk, die Mutterfirma von Neato, machten eine Fortführung derlei „legacy systems“ unmöglich. Mit anderen Worten: die EU ist schuld und dass man vor sechs, sieben Jahren nicht ahnen konnte, dass das Internet der Dinge Sicherheitsrisiken bergen könne.
Aber so geht das, wenn mensch cloudgestützte Geräte nutzt: Am Ende gehört dir nur das Gerät, nicht dessen Gehirn und Funktionalität. Wobei saugen würde Robbie sogar noch, nur hat er nun alle No-Go-Areas und Raumarchitekturen vergessen. „Haste Cloudgeräte, haste gar nichts“, den Satz merken wir uns jetzt alle mal. Und ich geh in den Keller und reaktiviere das Ungetüm, für das es auch nach 50 Jahren noch Beutel und Ersatzteile zu kaufen gibt, dank Vorwerk. Facepalm, merkst du selbst, nech!
„Alexa! Kellerlicht an. Alexa? Alexaaaaaaaaa…“
Foto von Elena Mozhvilo auf Unsplash.