Medikamente und Markt
Ich will ja den Weihnachtsfrieden nicht stören, aber was mich gerade wirklich und ernsthaft verschreckt, ist, dass ich gestern eine Odyssee durch die Lübecker Apotheken absolvieren musste, um Medikamente zu besorgen. Was in den Medien stellenweise unter „der Fiebersaft wird knapp“ subsumiert wird, ist in Wahrheit eine Liste von über 300 Medikamenten, die zurzeit einfach nicht zu bekommen sind. Und da stehen wirklich lebenswichtige Dinge drauf, wie Krebs-, HIV-Medikamente, Blutdrucksenker oder Insulin. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, schlägt derweil Nachbarschaftsflohmärkte für Medikamente vor. Möglicherweise will der sich nur über mich lächerlich machen, weil ich eher Schwarzmärkte für Blutdruckmedikamente hinter dem Bahnhof auf uns zukommen sehe, sollte sich die Situation nicht ändern.
Und damit sieht es schlecht aus, denn das Problem ist eigentlich nicht der Krieg in der Ukraine, die Wirtschaftskrise oder die Pandemie allein, sondern vielmehr eine wirtschaftliche Gemengelage, deren Ursprung mal wieder die maximalkapitalistische Optimierung des Gesundheitssystems ist. Das System wurde so lange auf Einsparung und Gewinnmaximierung getrimmt, dass die Herstellung einzelner Wirkstoffe in Europa nicht mehr kostendeckend ist. Es folgte die Abwanderung in den Globalen Süden, und dort die Konzentration auf einige wenige Anbieter. Nun reicht es, wenn einer davon Produktionsprobleme hat, oder Rohstoffknappheit, um dem ganzen Markt die Lieferketten zu kappen. Indessen geht es hier aber nicht um den Nachschub von Pinkelpuppen, Smartphones oder anderen Luxusgütern, sondern um zum Teil lebenswichtige Medikamente. Was für mich wieder einmal beweist: Der Markt regelt einen Scheiß!
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