Der Alte und die Sprache

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Fragt mich bitte nicht, wie ich gerade auf den Trichter gekommen bin, die ersten drei Staffeln der 70er- und 80er-Jahre ZDF-Fernsehserie „Der Alte“ zu schauen, es ist nun mal irgendwie passiert.

Zeichnung von Sigfried Lowitz als Der Alte
Schlecht gealtert: Der Alte

Natürlich ist das wie ein Ausflug in die Kindheit, gar nicht wegen der Drehorte, aber wegen der Szenerien, der Klamotten die die Leute tragen, der Dinge, die dort getan werden und vor allem, wie gesprochen wird. Nun spielt die Serie in München, die vorherrschende Mundart wäre also nicht geeignet, mich an meine Kindheit in Norddeutschland zu erinnern. Aber es ist nicht wie, sondern was die Personen sprechen. Um es auf den Punkt zu bringen: die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts sind nicht nur technologisch, modisch und auf sozialer Ebene eine andere Welt, sondern auch und vor allem sprachlich. Jedenfalls durch die Brille einer alten Fernsehserie gesehen und in meiner Erinnerung.

Längst vergessene und nie wieder gehörte Redewendungen („Dass du die Stirn hast!“), wechseln sich ab mit in Sprache gegossenen Sozialgeflechten („Sei jetzt ruhig, wenn die Erwachsenen sich unterhalten!“). Hinzu kommen immer wieder auftauchende Begriffe, die ich selbst erst mal googeln musste, und die soviel über die Gesellschaft zu jener Zeit aussagen. Wer kennt sie nicht, die „grüne Witwe“?! Heute versteht man darunter einen Cocktail, früher bezeichnete die abfällige Bezeichnung eine zumeist auf dem Land (im Grünen) lebende Frau, die tagsüber allein zu Hause war, während der Ehemann arbeiten ging. Inkludiert war hier die Unterstellung, die Damen würden es ob der täglichen Einsamkeit, mit der Treue nicht so genau nehmen. Da steckt schon so einiges drin, in so einem Begriff, das lässt tief blicken.

Glücklicherweise hat sich die Sprache seitdem deutlich verändert. Ebenso hat sich die Gesellschaft seitdem deutlich verändert. Vor allem im Vergleich merke ich das. Das ganze Retro-Feeling geht dabei verloren und wird ersetzt durch eine Art Fremdscham. Und dahin wollen Menschen nun zurück und stemmen sich mit aller Gewalt gegen die Veränderung der Sprache und der Gesellschaft.

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