14. Ach, ich kann es schon nicht mehr hören: »Fake News«
Mit unserer Politik ist es aber auch ein solches Trauerspiel, man weiß wirklich nicht mehr, wo man noch hinschauen soll, wenn die großen Parteien beginnen, sich mit Netzthemen zu beschäftigen. Das wird wieder ein mehraktiges Ränkespiel, an dessen Ende wahlweise die Ergebnislosigkeit wartet, oder die Situation ist danach noch schlimmer als vorher. Aktuelles Thema: die sogenannten »Fake News«.
Mal sind er wahlweise durch Hacks erlangte Informationen oder gezielt lancierte auch Fehlinformationen des russischen Geheimdienstes, mal sind es Verschwörungstheorien, mal sind es Falschinformationen die rechte Gruppierungen meist in ihren eigenen Reihen/Filterblasen teilen. Schon der Begriff »Fake News« ist mal wieder hochgradig unscharf definiert. Eine wunderbare Gelegenheit, ein paar Elefanten in die Porzellanladen zu schicken.
Recht einmütig haben CDU und SPD gestern verkündet, man wolle, den aufziehenden Wahlkampf vor Augen, mit allen Mitteln gegen »Fake News« vorgehen. Man ist sich aber schon kaum einig, worum es geht. Thomas Oppermann beispielsweise will…
[i]m Kampf gegen “erfundene Nachrichten, Verschwörungstheorien, Hass und Hetze” […] den rechtlichen Rahmen “konsequent ausschöpfen und bei Defiziten nachschärfen”. (Heise)
Patrick Sensburg von der CDU hingegen fordert:
“Gezielte Desinformation zur Destabilisierung eines Staates sollte unter Strafe gestellt werden.” (ebenda)
Die einen fordern ja gewöhnlich strengere Gesetze, die anderen wollen den vorhandenen Gesetzesrahmen voll ausschöpfen. Die alte Leier. Wobei man sich erstmal fragen muss, um welchen Gesetzesrahmen es hier gehen könne. Renate Kühnast hat volle drei Tage gebraucht, inkl. zweier Strafanzeigen, offener Briefe und Postings, um ein offensichtliches Falschzitat bei Facebook gelöscht zu bekommen. Inwieweit wurde jetzt da der gesetzliche Rahmen nicht ausgeschöpft. Welche Handhabe hat man da gegen ein Facebook, das es einfach nicht hinbekommt oder auch hinbekommen will. Um es offen zu sagen, die Politik erscheint mir hier ziemlich machtlos. Man kann natürlich versuchen Themen wie üble Nachrede, Beleidigung usw. gegenüber Grundrechten wie freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit und am Ende auch noch Kunstfreiheit schwerer zu gewichten. Wie immer hantiert man hier mit Pandoras Büchse, d. h. am Ende trifft es dann nicht nur die sogenannten »Fake News«, sondern das gesamte Ökosystem Netz. Das ganze ist nur eine Neuauflage von »das Netz darf kein rechtsfreier Raum sein« (und steht wie immer am Scheideweg).
Ebenfalls wird aber auch ein Schulterschluss aller Parteien gegen Fake News gefordert, man will sie gemeinsam enttarnen und, bei ungeklärter Quellenlage sie nicht für Angriffe auf den politischen Gegner nutzen. Was wie eine Selbstverpflichtung klingt, sollte eigentlich schon immer gelten: wenn man nicht weiß, wovon man spricht sollte man besser das Maul halten. Alle Parteien haben allerdings ihre Spezialisten, die selbst diese einfache Regel nicht zu befolgen wissen. Was nach gemeinsamer Aktion gegen »Fake News« aussieht, ist eher ein Selbstschutz, die eigenen Schreihälse und Internet-Nicht-Versteher im Zaum zu halten.
Hier steckt am Ende mehr richtiger Ansatz drin, als der übliche Angriff auf die Meinungsfreiheit (nicht nur) im Internet: denn Propaganda, Falschnachrichten und Verschwörungstheorien wären ja nicht so groß, wenn sie nicht gelesen und weiterverbreitet würden. Und wenn es nicht irgendein Idiot glauben würde. Vielleicht müsste denen mal jemand helfen…
Bild: Ales Krivec
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