9. Der Wecker
Ich wache um 4.30 Uhr auf. Nicht das ich eine Ahnung hätte, wie spät es ist. Ein Wecker auf dem man die Uhrzeit erkennen könnte wäre jetzt sicherlich hilfreich. Das war mal einmal ein gutes Gerät, mit Anschluss für ein iPhone, aber als dann das Lightningkabel kam, sie kennen das. Zeit seiner Existenz war das Display immer viel zu hell, es gibt eine Taste es dunkler zu stellen, die funktionierte aber nie. Heutzutage kann man nicht mal einen Wecker kaufen, der Hard- und/oder Softwarefehler hat und gleich nutzlos wird, wenn Apple seine Anschlüsse mal wieder ändert.
Inzwischen allerdings ist das Display dunkel. Von hier auf jetzt, und für immer. Die Einstelltaste funktioniert immer noch nicht. Aber, selbst wenn ich das Display erkennen könnte, ich würde ja sowieso nicht draufschauen. Ich bin nämlich mit der Gewissheit erwacht, dass ich gleich aufstehen muss. Froh das Ding endlich loszuwerden, nehme ich die Schlafmaske ab. Ohne hinzusehen drücke ich auf die Aus-Taste des Beatmungsgerät. Irgendwann einmal in jungen Jahren, mit zwölf oder so, entdeckte ich beim Nase bohren, dass ich den kleinen Finger von einem Nasenloch in das andere stecken kann, also das da keine Wand dazwischen war. Fand ich immer lustig. Gerne habe ich später Publikum damit unterhalten, mir Bleistifte durch die Nase zu stecken. Oder ein Taschentuch hindurch zu ziehen. Oder das kleine Koffervorhängeschloss, damit habe ich immer gewettet, ich könne meine Nase damit abschließen. Die Leute haben es nicht geglaubt und dann gerne bezahlt, wenn sie ein wenig daran ziehen durften, schon damit ich es wieder aus der Nase nahm. Keine Nasenscheidewand. Nie gehabt. Wohl erblich. Heute schnarche ich ohne das Beatmungsgerät allerdings wie eine Fußballmannschaft, die ihren Weltmeisterschaftsfeierrausch ausschläft. Ich bekomme mit dem Gerät mehr Luft, meine Frau und die Nachbarn zwei Straßen weiter ihren Schlaf. Wenn ich das Ding morgens abnehmen sabbere ich immer ein wenig wie Hanibal Lector. Quit pro quo, aber es nervt wie die Sau, verdammt.
Also runter damit, der Wecker klingelt gleich. Warum klingelt das verdammte Ding nicht? Wahrscheinlich habe ich ihn gar nicht eingeschaltet. Passiert mir manchmal. Jetzt nur nicht wieder einschlafen. Ich bin so etwas wie der Mario Barth des Weckerstellens. Kennste? Kennste? Nä, klingel mal um 6 Uhr, weeste?! Aber der klingelt nicht. Wie lange liege ich schon hier rum? Woher soll man das wissen, ohne Uhr. Vielleicht bin ich doch eingeschlafen? Kann ja sein. Och Mensch Du Idiot, dann nimmste halt das Handy… vier Uhr dreißig. Herrjeh, senile Bettflucht, oder was soll das werden? »Glaub mal nicht, dass Du jetzt wieder einschlafen kannst«, mischt sich mein Gehirn mit der Stimme von Mario Barth in die Diskussion ein. Das klingt so echt, ich glaube nicht, dass ich wieder einschlafen kann. Und tatsächlich, es klappt prompt nicht.
»Solche Tage, kennste ne?« Na super, jetzt ist die Sicherung ganz durchgebrannt. Ich hab immer gesagt, Beatmungsgerät ist schön und gut, was aber wenn da ein Knoten im Schlauch ist, dann gehe ich langsam und qualvoll an Sauerstoffmangel ein. Und denke dabei ich wäre Mario Barth. Wiese eigentlich? Ich wär viel lieber Tim Bisley. Also Simon Pegg. Kein Knoten im Schlauch. Was wunderst du dich auch, wenn du hier so früh wach wirst. Was soll denn da noch für ein Tag kommen, wenn man so aufwacht? Ich prangere das an.
Bild: Cameron Kirby
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