Unsere Gesichter sind sicher
Das amerikanische Startup Clearview AI bietet Polizei- und Justizbehörderden in den USA und Kanada laut einem Bericht in der New York Times eine Software an, die Gesichtserkennung auf Basis von rund 3 Milliarden aus Social-Media-Profilen gescrapten Fotos anbietet.
Ich höre schon alle, „die es schon immer gesagt haben“ und die ja auch Recht haben, aber trotzdem ist damit eine weitere Büchse der Pandora geöffnet, die Unvorsichtigkeit, nein die Freude der Menschen an der Selbstdarstellung auszunutzen und in einen Prozess einzuspeisen, an dessen Ende die komplette Überwachung aller unserer Bewegungen im öffentlichen Raum steht.
““It’s creepy what they’re doing, but there will be many more of these companies. There is no monopoly on math,” said Al Gidari, a privacy professor at Stanford Law School. “Absent a very strong federal privacy law, we’re all screwed.”” (New York Times, The Secretive Company That Might End Privacy as We Know It)
Gleichermaßen wenig überrascht stehen wir da, wundern uns, dass das nicht alles längst Realität ist. Tatsächlich gibt es noch Probleme, Überwachungskameras hängen einfach zu hoch, stellt Clearview Gründer Ton-That fest. Dafür hat eine who-is-who des amerikanischen Politestablishment sich von der Firma anstellen lassen, um das Produkt bei Justizbehörden zu bewerben. Die zunächst eine 30-Tage-Testversion betreiben und erstaunliche Erfolge damit erzielen.
Natürlich. Das das scrapen der Bilder vielleicht nicht erlaubt ist (Twitter bspw. verbietet das ausdrücklich) geschenkt. Der Zweck hat ja schon immer die Mittel geheiligt. Jetzt noch alles schnell auf privat stellen, zu spät.
“But if your profile has already been scraped, it is too late. The company keeps all the images it has scraped even if they are later deleted or taken down, though Mr. Ton-That said the company was working on a tool that would let people request that images be removed if they had been taken down from the website of origin.” (New York Times, The Secretive Company That Might End Privacy as We Know It)
Zur gleichen Zeit arbeitet die europäische Union an einem zumindest zeitweisen Verbot von Gesichtserkennung, auch, weil unsere Regierung nach zweifelhaften Versuchen am Südkreuz in Berlin, drauf und dran ist, Videoüberwachung mit Gesichtserkennung flächendeckend einzuführen. Und natürlich schränkt die DSGVO eine solche Datenverarbeitung durch KI auch unbedingt ein. Aber ob das etwas bringt, nun, wo das Tabu gebrochen wurde:
“Even if Clearview doesn’t make its app publicly available, a copycat company might, now that the taboo is broken. Searching someone by face could become as easy as Googling a name.” (New York Times, The Secretive Company That Might End Privacy as We Know It)
Update (Leseliste):
- netzpolitik.org: EU-Datenschutzregeln schützen nicht vor Gesichter-Suchmaschinen
- SZ: Eine Software schockiert Amerika (Trigger-Warning: harter Adblockerblockerblocker)
- ZEIT ONLINE: Die Firma, die uns alle identifizieren will
Beitragsbild: Henry & Co. on Unsplash
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