Ich bin am Ende Mann und hier kommt Böhmermann
Ben freut sich wie gewohnt über den rappenden Böhmermann, wobei ich leider ein wenig lost bin, da ich zwar die Anfangszeit des deutschen Sprechgesangs—so nannte man das damals, wir hatten ja nichts—mitbekommen habe, heute aber eher keine Beziehung dazu habe. Und Böhmermann ist ein Hype, den ich seit Monaten mit festem Willen verschlafe, einfach weil ich so misstrauisch bin gegenüber Hypes, die eines morgens in der Kantine plötzlich da sind, ohne dass ich mitbekommen habe, wo er mit einem Male hergekommen ist. Vielleicht muss ich da mal in der Wikipedia nachlesen, denke ich dann meist gelangweilt.
Ich kenne keinen Bereich deutscher Kultur, der zugleich so viel Leute erreicht und sich selbst so wenig Ernst nimmt. Eine eigentlich höchst undeutsche Tugend und gerade deshalb mag ich Hiphop aus dem Heimatland eigentlich noch um so mehr.
Kultur, Tugend, Heimatland, drei sehr schwerwiegende Begriffe in einem Zitat, bei denen ich alleinstehend schon oft den Humor verliere. Und ich will gar nicht die Frage auftun, ob es sich beim „sich selbst nicht Ernst nehmen“ um eine Primär- oder Sekundärtugend handelt. Seit ich mal einen namenhaften Deutschrapper mal jenseits der Bühne nur gesehen habe, muss ich leider sagen, dass ich dieses selbst nicht Ernst nehmen zum großen Teil für eine Maske halte, und bei dem anderen großen Teil ist es eben gar nicht vorhanden. Will sagen, von aussen sagt man sich, das können die ja nicht Ernst meinen und die traurige Wahrheit ist: doch, doch, das meinen die so. Eine Mischung irgendwo zwischen Showprofessionalität, kopieren vorgekochter Blödsinnigkeiten und unserer Erwartungshaltung. Habe ich immer weniger Spass dran, leider.
Ist ja aber kein Wunder, wie eine kleine Geschichte aus der bei Ben zitierten NDW in diesem Interview mit Andreas Dorau zeigt:
Fred vom Jupiter entstand im Rahmen eines Schulprojektes. Als ich viele Jahre später bei einer Abrechnung der Gema das erste Mal genau auf die Urheber schaute, entdeckte ich da einen überraschenden Namen. Ich ging zu einem Anwalt und stellte fest, dass ich und die Mädchen, die Marinas, mit denen ich das damals aufgenommen hatte, belogen worden waren. Der Lehrer hatte sich auf “geistiges Eigentum der Schule” berufen. Als ihn mein Anwalt zur Rede stellte, überwies er aber sofort das Geld. Das muss er all die Jahre auf einem Extra-Konto gehortet haben, für den Fall, dass er mal auffliegt.
Das ist deutsche Kultur, Tugend und Heimatland in einem: NDW-Hit, Schulprojekt, Lehrer unterschlägt die Einnahmen und sammelt sie, um sie ggf. wieder zurückzahlen zu können. Unglaublich.
Dies ist der zweite Artikel meines Benblogging-Projekts.
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