Für den Nutzer zumutbar?
Sind sie auch der Meinung, dass Onlinewerbung so richtig auf den Sack gehen muss? Nerven, unterbrechen und stören? Nein? Stephan Noller, Vorstandsvorsitzender der Firma nugg.ad, und nach seinen Angaben eine Reihe kluger Köpfe in der Onlinewerbebranche sind aber genau dieser Ansicht. Dies kann man bei brand eins, im Streitgespräch »Muss Onlinewerbung nerven« nachlesen. Das liest sich dann so:
In einer Marktwirtschaft ist Werbung nun einmal kein Freund des Konsumenten. Die nüchterne Funktion von Werbung ist es zu verkaufen. Es gibt in unserer Branche eine Reihe kluger Köpfe, die sagen: Wir brauchen Formate, die noch stärker unterbrechen. Nur dann wird es zum Beispiel gelingen, hochwertige redaktionelle Inhalte im Netz über Werbung zu refinanzieren.
Im Grunde natürlich kalter Kaffee. Auf der anderen Seite steht halt das Argument, dass man nicht Inhalte verkaufen kann, die keiner zu sehen bekommt, da die als störend empfundene Werbung geblockt wird, oder der Besucher vor erreichen des Inhalts das Weite sucht. Dass aber Onlinewerbung, außer bei Google, nicht funktionieren täte, ist für Herrn Noller natürlich alles Quatsch:
Wir haben die Markteinführung einer Nudelmarke in Dänemark begleitet. Wir haben das Unternehmen überzeugt, nur online Werbung zu machen, gut gemachte Banner auf qualitativ hochwertigen Websites. Das Ergebnis waren Schlangen vor den Supermärkten.
Schlangen in dänischen Supermärkten! Damit ist alles klar, Onlinewerbung funktioniert doch. Nur ein paar technische Probleme hat Herr Noller noch entdeckt, die ganzen Webseiten sehen nämlich viel zu unterschiedlich aus. Ganz anders als im Fernsehen, wo für einen Werbespot immer der Bildschirm zur Verfügung steht.
Oft müssen Heerscharen von Programmierern beschäftigt werden, weil die Werbeplätze verschieden aussehen und die technischen Anforderungen unterschiedlich sind. Vergleichbare Kampagnen in Print oder TV zu schalten benötigt oft nur ein Zehntel des Aufwands. Daher müssen wir automatisieren und standardisieren.
Und so weiter. Herr Noller ist zum Glück nicht der Einzige mit Visionen im Markt, aber er hat ja die klugen Köpfe hinter sich. Zu mobile Ads hat er allerdings nicht mehr zu sagen, als noch mehr unterbrechen (das muss der Leser aushalten) und ein beinahe Helmut Kohlsches guter Hoffnung sein, dass sich das Thema auch ohne interlektuelles Zutun seiner Branche lösen möge. Von responsivem Webdesign hat da noch niemand etwas gehört. Das widerspräche aber auch komplett den oben genannten Standardisierungsbemühungen.
Nollers Gesprächskontrahent ist übrigens “Der digitale Tsunami”-Autor Nicolas Clasen, der sich in dem Gespräch aber ausschließlich auf Google und TV-Werbung fixiert und so etwas eindimensional bleibt.
Man muss ja der brand eins für solche Streitgespräche einerseits danken. Andererseits haben sie sich auch einen echten Pflegefall Hardliner Spezialisten ausgesucht. Die Sache ist die: ich glaube ja immer noch, dass man mit Werbung etwas reissen könnte, wenn es nur mal jemand – auch technisch – richtig machen würde. Es gibt da durchaus Ansätze, die ich bei offensichtlich anderen klugen Köpfen der Branche beobachten konnte. Geht es aber nach Leuten wie Noller, dann sind wir doomed, doomed, doomed.
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