Krautreporter, Nachlese
Na, da habt ihr mich jetzt aber mal richtig überrascht, liebe Krautreporter. Oder eher: liebe Netzgemeinde. Anders als ich annahm, ist das Krautreporter-nennenwiresmal-Funding zu seinem Ende nun doch noch richtig hollywoddmäßig durch die Decke gegangen. Respekt, auch für die glanzvolle Inszinierung. Herzlichen Glückwunsch, wie geschrieben, ich gehöre ja auch zu denen, die es möglich gemacht haben, early funder sozusagen.
Wirklich gefallen hat mir in diesem Zusammenhang dieser Tweet, weil das sehe ich genauso:
Herzlichen Glückwunsch, liebe @Krautreporter. Ab jetzt bin ich Leser, aber auch kritischer Kunde. Wir wollten das ja beide so. Es wird toll!— Mathias Richel (@mathiasrichel) 13. Juni 2014
In diesem Zusammenhang noch ein kleiner Nachtritt, und zwar hinsichtlich des grandios ausgearbeiteten Plans der Krautreporter, wie das Geld ausgegeben werden soll: Was wir mit Ihrem Geld vorhaben. Bei einer Bank, oder einer Finanzierungsrunde wäre man mit einer derartigen Planung wohl gescheitert (siehe dazu die Sechs überllaunigen Bemerkungen zu Krautreportern), aber es ist ja Crowdfunding, nehmen wir die Zahlen also mal Ernst:
Mit einem Etat von 2% von 900.000 EURO, also umgerechnet 18.000 EURO wollen die Krautreporter ihrer IT-Abteilung ausstatten. Man will allerdings 11%, also 99.000 EURO für Software investieren.
Nun kann man natürlich ob der Ungenauigkeit nur schlecht feststellen, wie man sich das vorzustellen hat, für mich sieht’s aber so aus: der Onlinejournalismus ist kaputt und soll nun gerettet werden, von 20 Journalisten und einem halben IT’ler, den Rest macht die Software. Ich kann es auch anders ausdrücken: wer heute eine ernsthafte, konkurrentfähige, begeisternde Website produzieren möchten, auf der Zehntausende mit Lieferungsanspruch täglich mit neuem Content versorgt werden sollen (und diesen vielleicht diskutieren, teilen wollen), einigermaßen Ausfallsicher, dann wird man wahrscheinlich schon ein wenig Geld mehr in die Hand nehmen müssen. Von interaktiven Grafiken, Sondernwünschen für einzelne Artikel, Fehlerbehebung und dem ganzen anderen Kram will ich gar nicht anfangen. Die aktuelle Site der Krautreporter, aufgesetzt auf die alte Krautreporter-Plattform, machte schon mal nicht den Eindruck von übermäßiger Professionalität, jedenfalls nicht gemessen an der Konkurrenz.
Viel Glück möchte man da sagen. Aber, als Mitretter des Onlinejournalismus sage ich: Obacht liebe Kollegen Krautreporter, ihr macht da möglicherweise etwas falsch. Zum Glück steht der Launchtermin aber ja schon: im September oder Oktober geht’s los. Wie gesagt: ich kann die Spannung kaum aushalten.
Update: Bei Ben drüben wird übrigens über Ähnliches diskutiert, nur geht es da weniger um die mutmaßlichen IT-(Gehalts)-Kosten, sondern eher um den Gesamtbau von Site und CMS (also den Software-Etat, 11%, s.o.).
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