Präsidentendämmerung
Präsidentendämmerung, die - gibt den Zeitpunkt in der Amtszeit eines Bundespräsidenten an, zu dem demselben dämmert, dass es nun an der Zeit ist, das Amt zu verlassen und zwar unverzüglich.
Dabei ist die P. ein höchst subjektives Gefühl. Den einen Präsidenten erwischt es schneller als den anderen, bspw. Horst Köhler, der zurücktrat weil ihm jemand auf den Fuss getreten war (oder um Schlimmeres, vulgo weiteres Gerede über sein Person zu verhindern, man weiss es nicht). Christian Wulff hat sich da weniger empfindlich gezeigt, man könnte auch behaupten, er habe an seinem Stuhl geklebt. Und zwar so lange, bis auch das letzte Detail seiner putinesken Ministerpräsidentschaft in Niedersachsen ans Licht gezerrt war. Ganz in der Tradition seiner Vorgänger, ein wenig Schröder (später Bundeskanzler und russischer Energiemagnat), mehr noch Albrecht (niedersächsischer Landjunker und Schrotbaron), hatte er das dortige Amt zu seinen Gunsten ausgefüllt, wie es eben der hannoverschen Herren Sitte ist. Und so war er bis heute wirklich und ernsthaft überrascht, wie sich überhauppt das niedere Volk an diesen Machenschaften aus Privatkrediten, Freundschaftsdiensten, Urlaubsreisen und anderen Gegengeschäften interessieren könne.
Gegenüber der Regenbogen- und Bigotteriepresse und deren Vertreter, denen Wulff mit Recht vorwerfen kann, keinen Deut besser zu sein als er selbst, rastete er noch aus. Später fühlte er nur noch kalte Resignation gegenüber diesem Volk, das ihn offensichtlich nicht haben wollte. Aber er mochte den Job und seine Parteikollegen rieten ihm wohl auch, noch ein wenig zu bleiben, es wäre gerade so kritisch.
Als aber nun auch noch Staatsanwaltschaften sich aufmachten, den Präses zu kriminalisieren, da stand man vor der Wahl nun eine breit angelegte Anti-Berufsverbotkampagne aus dem Boden zu stampfen oder sich einfach einen neuen Präsidenten zu suchen. Ersteres hätte wohl dazu geführt, dass CDU und CSU vom Verfassungsschutz beobachtet worden wären, keine gute Alternative. Also entschied man sich für Rücktritt, was die Kanzlerin dem Präsidenten wahrscheinlich per SMS mitgeteilt hat: »Verpiss Dich, zügig«. Man schreckte noch kurz zurück, bemerkte, dass nun Seehofer als Ersatz ran müsste, einigte sich dann aber darauf, dass Reden, bei denen der etwas kaputt machen könne, einfach von der Kanzlerin übernommen werden und verpasste dem Ehepaar Wulff den endgültigen Tritt.
Der Rücktritt selbst dann eine letzte Farce. Die überlegen lächelnde Gattin, der Schwachsinn fabulisierende Ex-Präsident, der nur umschweifend das sagt, was alle längst wissen: ich bedanke mich zur Wahl zum Upperclass Twit of the Year, nein das hat er ncht gesagt, sondern Dinge wie: »Es war mir ein Herzensanliegen, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu stärken.« Wobei vor allem der Zusammenhalt persönlicher Freundschaften und Seilschaften gemeint sein könnte. »Unser Land […] braucht […] einen Präsidenten, der vom Vertrauen nicht nur einer Mehrheit, sondern einer breiten Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger getragen wird.«, oder von Angela Merkel. Dann scherzhaft: »Ich trete deshalb heute vom Amt des Bundespräsidenten zurück, um den Weg zügig für die Nachfolge freizumachen.« Zügig, ist klar. Wohl der Hinweis auf Merkels SMS. Und schließlich bockig: »Ich wünsche unserem Land von ganzem Herzen eine politische Kultur, in der die Menschen die Demokratie als unendlich wertvoll erkennen und sich vor allem – das ist mir das wichtigste – gerne für die Demokratie engagiert einsetzen.« Mit anderen Worten und das könnte die Zusammenfassung der ganze Rede sein, wir haben ihn nicht verdient.
Nun bleiben 30 Tage einen neuen zu finden. Die Liste der Kandidaten ist lang und weilig. Und es drängt sich die Frage auf: wie lange wird es dauern, bis zur nächsten Präsidentendämmerung?
In unserer Reihe »das politische Lexikon« folgt nun die Wiederholung von: Kanzlerdämmerung.
Noch keine Kommentare.
Kommentare geschlossen.