The Wicker Man
Das amerikanische Filmmagazin Cinefantastique widmete 1977 eine ganze Ausgabe diesem Film und nannte ihn im Zuge dessen „Citizen Kane des Horrorfilms“, was sicherlich eine echte Hausnummer ist. Derlei Dinge erfahre ich natürlich ausschließlich und nachträglich aus der Wikipedia, bei uns sagt jedenfalls niemand: „Hey Schatz, lass uns mal den Citizen Kane des Horrorfilms ansehen!“.
Stattdessen war die Figur des „Wicker Man“ in einer Diskussion Thema gewesen und so stießen wir auf den Film. Ein „Wicker Man“ also ist eine überlebensgroße Figur, hergestellt aus Korbgeflecht, in der laut Julius Caesar (und nur laut eben jenem) die Kelten Tier- und vor allem Menschenopfer darbrachten, indem sie diese darin einsperrten und die Figur dann anzündeten. Burning Man, anyone?
Spoiler ahead!
Über diesen Film zu schreiben, ohne zu spoilern ist möglicherweise sehr schwierig, da er aber von 1973 ist, gehe ich einfach davon aus, dass alle außer mir den Film ohnehin schon gesehen haben … besagte Figur aus Korbgeflecht taucht etwa erst ganz zum Ende des Films auf. Und es werden Tiere und wohl auch ein Mensch darin verbrannt, der Twist ist nur welcher. Dazu singt die versammelte Einwohnerschaft der Insel „Summerisle“ ein Liedchen und ich schwöre, die ganze Szenerie ist dermaßen monty-python-esk, ich selbst habe an der Stelle „Always look on the bright side of life“ gepfiffen. Und das ist die ganz große Stärke des Films, in stetem Wechsel fällt einem die Kinnlade auf den Tisch, während eins sich als nächste kaputt lacht und schwören könnte, dass nicht Christopher Lee in der nächsten Szene auftaucht, sondern John Cleese. Die Siebziger hatten es auf alle Fälle in sich.
Dabei geht es um ein ernstes Thema: der streng schottische und eben so gläubige Polizeisergeant Neil Howie reist mit dem Wasserflugzeug zur Insel „Summerisle“, weil ein Mädchen als vermisst gemeldet wurde. Schon die Ankunft gestaltet sich schwierig, weil sich der Hafenmeister überhaupt erst nach längerer Diskussion dazu überreden lässt, ihn mit einem Ruderboot an Land zu holen. Die Bevölkerung der Insel benimmt sich ohnehin über alle Maßen seltsam. Nicht nur, dass sie einem keltischen Sexkult anzuhängen scheinen und nächtliche Orgien vor der Dorfkneipe anhalten, sie fangen auch alle naselang an zu singen, als wäre eins in der Horrorversion eines Disney-Musicals gelandet. Christopher Lee taucht erst im letzten Drittel des Films auf, als besitzender Graf der Insel, und es ist nicht nur die Bud-Spencer-und-Terence-Hill gemäße Synchronisation, der Mann ist wirklich vollkommen irre!
Letzten Endes ist dieser dauernde Wechsel zwischen Stirnrunzeln und Erschrecken doch ziemlich gruselig. Der Trailer gibt den Film hervorragend wieder.
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