Ich bin Klempner von Beruf
Ich bin Klempner von Beruf Ein dreifach Hoch dem der dies gold’ne Handwerk schuf Denn auch in den größten Nöten Gibt es immer was zu löten Immer wieder gibt es Pannen An WCs und Badewannen Ich bin Klempner von Beruf
Sang einst Reinhard Mey in seinen jungen Jahren. Das pfeife ich vor mich hin, wenn ich zum imaginären Binford-Werkzeuggürtel greife und an die Arbeit gehe, die kleinen, aber doch herausfordernden Handwerksarbeiten zu verrichten, die doch immer wieder mal anfallen. Vor Corona ließen wir für so was Handwerker (selten :innen) kommen und ich konnte meine beiden linken Hände in die Tasche stecken und zusehen, wie explodierte Gas-Thermen, kaputte Geschirrspüler oder ein leckender Drufi repariert oder ausgetauscht wurden. Doch harte Zeiten erfordern harte Maßnahmen und da sich auch mein Beruf immer mehr vom Künstler zum Handwerker wandelt, gibt es keine Ausreden mehr, nicht selbst zu Rohrzange und Schraubendreher zu greifen, kaputter geht schließlich immer.
Gesagt, getan, letzte Woche ist also meine Klospülung plötzlich kaputt, und zwar dergestalt, dass das Wasser nicht mehr aufhört zu laufen. Das kennt eigentlich jeder, man spült und irgendwas klemmt, der Auslauf schließt nicht und ein unaufhörlicher Strom des teuren Rohstoffs läuft statt in den Spülkasten in den Orkus. Nur: so war es eben nicht. Stattdessen lief der Spülkasten zwar voll, dann lief das Wasser aber weiter und durch den Überlauf ins Klo. An dieser Stelle darf eine total handwerkermäßige Referenz auf die guten alten Zeiten nicht fehlen! Also ganz früher war so was nicht so toll, da baue man Spülkästen unter die Decke mit einer Kette zum Ziehen dran, aber danach war alles besser, denn da befand sich der Spülkasten frei zugänglich direkt an der Toilette. Heute ist es eine Katastrophe: Spülkästen werden unter Putz verbaut, das sieht zwar schöner aus, man kommt nur nicht mehr dran. Muss also der Klempner, also ich, zum Werkzeug greifen.
Es gibt ja nicht mal mehr einen Absperrhahn, man muss also zunächst mal das Wasser in der ganzen Wohnung abdrehen. Das erhöht den Druck, nicht des Wassers, sondern den Zeitdruck, denn in Coronazeiten muss ja praktisch immer irgendwer Hände waschen, also mach hinne alter Mann! Flugs die Tastatur abgebaut und erst mal gestaunt. War mir schon klar, dass man da nicht direkt zum Wasser kommt, aber da sind doch einige Barrieren eingebaut. Durch den Einbau unter Putz muss der Spülkasten gegen Staub und was sonst noch so hinter der Wand herunterfallen kann, geschützt werden. Und vor dem Zugriff durch sich selbstverwirklichende IT-Fachmenschen natürlich auch. Schrauben, drehen, ziehen, heben und rausfummeln muss man mehrere Abdeckungen und Haltebolzen, alles aus Plastik und augenscheinlich zerbrechlich. Dann liegt der Spülkasten zwar vor mir, nein unter mir in der Wand, im Dunkel, sehr unzugänglich. Mit der Taschenlampe schaue ich erst mal, wie das funktioniert. Betätigt man den jetzt frei in der Gegend herum stehenden Dings, der eigentlich zur Spültaste geht, läuft das Wasser durch den Auslauf ins Klo. Ein Wasserschlauch führt im oberen Bereich zu einem Ventil und daran ist eine Art Schwimmer befestigt. Durch dieses Ventil läuft Wasser nach, der Schwimmer schwimmt hoch und soll dann, oben angekommen, das Ventil abriegeln. Das scheint nicht zu funktionieren, auf halbem Weg bleibt der Schwimmer hängen und wird vom Wasser überspült und das Ventil kann niemals schließen. Zum Glück fungiert der hohle Stopfen, der den Auslauf verschließt gleich auch noch als Überlauf, sonst hätte man direkt Wasser in der Wand!
Ich fummle etwas mit dem Schraubendreher am Schwimmer, das Ventil auszubauen kann nicht der erste Schritt sein, und tatsächlich hört man, wie etwas im Spülkasten herunterfällt, vielleicht ein kleines Stückchen Mauerrest vom Einbau, jedenfalls ein Fremdkörper. Und schon tut der Schwimmer wieder was er soll, also schwimmen und das Ventil verschließen. Yeah!
Nach ein paar Testspülungen setze ich den Bausatz also wieder zusammen, und die Tasten wieder oben auf. Noch eine Testspülung und … Mist! Man kann nicht mehr spülen, also, die Taste geht ins Leere … Aus irgendeinem Grund schauen die beiden Pinökel, die den Tastendruck an den Auslauf weiterleiten sollen viel kürzer aus als vorher. Zu weit eingedreht! Nur, mit der Abdeckplatte obendrauf kann man sie nicht drehen, muss ich die also wieder abschrauben. Dann die Pinökel herausdrehen, Platte drauf, Tasten wieder rauf. Jetzt kommt Wasser, aber man kann noch nicht wieder wie gewohnt durchdrücken. Ich schaue in den Spiegel und stelle bedauernd fest, dass so ein Klempner ja oft in Bädern zu tun hat und sich bestimmt oft im Spiegel bei der Arbeit zusehen kann. Meister der Selbstreflexion, sozusagen. Mein Gesichtsausdruck ist aber wenig hilfreich. Nur noch zweimal muss ich den Bausatz auseinandernehmen und zusammen setzen, bis alles wieder läuft.
Aber das muss man ja niemandem weiter erzählen, schließlich bin ich ja nicht Klempner von Beruf.
Und braucht man keine Klempner mehr Na dann werd’ ich halt Installateur
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