U-Comix: „ComicStrips für Erwachsene“
U-Comix habe ich früher viel gelesen. Irgendwann ich mich von Herbert Feuerstein und seinen MAD-Heften emanzipiert (ohne jemals daran gedacht zu haben, das Wort emanzipiert dafür zu nutzen, aber wir sind hier ja nicht unter uns) und da wurde mir von einem Genossen—ich stelle die gemeinsame Parteimitgliedschaft heraus um a) auf die Zeit hinzuweisen, in der das statt fand und b) anzudeuten, wie cool eine Partei in der man sich wirklich untereinander so nannte mal gewesen ist—eine ganze Sammlung U-Comix übereignet, übrigens am gleichen Abend als ich zum ersten Mal „Das Leben des Brian“ und „Der Sinn des Lebens“ als VHS-Doublefeature zu sehen bekam, eine sehr prägende Zeit also. Ich war sofort verliebt in die „Schwazen Gedanken“, die „Fabulous Furry Freak Brothers“, vor allem aber in die seltsam entstellten Figuren von Édika.
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„ComicStrips für Erwachsene“ inkl. Binnenmajuskel stand als Untertitel auf den Ausgaben aus dem „Volksverlag“, da fühlte man sich doch gleich etwas größer, anders als die MAD-Hefte mit Alfred E. Neumann, liess man U-Comix aber besser nicht offen in seinem Jugendzimmer herumliegen. Die Inhalte waren halt oft provokativ, anstößig, offen, wenn auch zu übertrieben gezeichnet um wirklich pornografisch zu sein (siehe hierzu eher: „Schwermetall“). Neben Gilbert Sheltons Freak Brothers enthielten die frühen U-Comix hauptsächlich Übersetzungen aus Marcel Gotliebs Magazin „Fluide Glacial“. Gotlieb hatte bei Pilote mit Goscinny (Asterix, Lucky Lucky, Isnogud, alles meine Lektüre seinerzeit) gearbeitet, sich dann aber der satirischen Seite der Comickunst zugewandt und ein eigenes Magazin gegründet. U-Comix war schon sehr französisch, was einen Blick auf die wunderbare französische Comicszene eröffnete. Ich musste allerdings zunächst noch selbst nach Frankreich fahren, um quasi vom Erwachsenencomic rückwärts zurück zu „Spirou & Fantasio“ zu kommen und mein allzeit liebstes Haus- und Urwaldtier das Marsupilami—wieder von Franquin, der mit den schwarzen Gedanken—kennen zu lernen (bevor es den Weg in deutsche Buchläden fand).
U-Comix heute
Nicht auslassen darf man natürlich, dass U-Comix später auch viel für die deutschsprachige Comic-Kultur getan hat, Walter Moers, Ralph König, Gerd Bauer wurden abgedruckt, als der Volksverlag längst Konkurs gegangen und U-Comix im Alpha Comic Verlag erschien. 1997 war allerdings auch dort endgültig Schluss, nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten über eine mögliche Jugendgefährdung. Endgültig? Natürlich nicht, denn seit 2013 gibt es wieder U-Comix zumindest im Bahnhofsbuchhandel zu kaufen, 2019 feierte man somit das 50 jährige Jubiläum.
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